Neuroendokrine GEP-Tumoren (GEP-NET)

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Einleitung - Klassifikation - Nomenklatur (NET)

NET steht für neuroendokrine Tumore(n)
sie wurden früher auch als CARCINOIDE oder APUDOME bezeichnet

- früher häufig ungenau pauschal als neuroendokrine Carcinome (NEC) bezeichnet

- sind nicht synonym mit sog. "KREBS", auch nicht das NEC (= NET mit Ki67 > 20% , nach WHO 2010)

Sie metastasieren zwar, z.T. recht früh, lassen sich jedoch im Gegensatz zu vielen anderen onkologischen Erkrankungen meist gut behandeln, oft sogar heilen oder für viele Jahre stabil halten.

Ein entscheidender Unterschied ist der sog. Proliferations-Index (als Ki67 oder MIB-1 bezeichnet), der oft eher niedrig (< 1 % ) ist im Vergleich zu bösartigen onkologischen Tumorerkrankungen (Ki67 häufig 60-90 %).

- Lebermetastasen sind zumeist kein Grund für eine Vorenthaltung ernsthafter therapeutischer Massnahmen,
- können oft sogar beseitigt, stabilisiert, kontrolliert werden - und das über Jahre/Jahrzehnte,

In einem Behandlungsteam, z.B. einem sog. NET-Zentrum, sollten interdisziplinär alle Kenntnisse und Erfahrungen gebündelt werden und von einer Person, am ehestem einem Internisten/Endokrinologen gemanagt werden.

Grundsätzlich bezeichnet ein sog ........om einen Tumor oder ein klinisches Krankheitsbild, das durch ein von eben diesem Tumor produziertes Hormon charakterisiert ist, z.B. Insulin-om, Gastrin-om, Glucagon-om, daher die Bezeichnung neuroendokriner Tumor. Dieser Tumor besteht überwiegend aus funktionell aktiven Zellen neuroendokrinen Ursprungs - oder aber er ist nicht funktionell aktiv (siehe dort) und nur ein NET ohne den Zusatz -OM

 Von pluripotenten Zellen ausgehend, können diese Tumoren
1. die unterschiedlichsten z.T. gut bekannte Hormone bilden (dann als funktionell aktiver Tumor mit einem markanten klinischen Syndrom)

2. evtl. nicht wirksame oder weniger wirksame Hormon-Vorstufen (Pro-Hormone) bilden, und damit als funktionell inaktive Tumoren erscheinen oder tatsächlich gar kein Produkt/Hormon zu produzieren bzw. sezernieren

3. mehrere Hormone sezernieren bzw. die dominante Hormonsekretion im Verlauf wechseln. Grundsätzlich muß bei diesen Tumoren mit jeder erdenklichen Überraschung gerechnet werden
.

Viele neuroendokrine Tumoren oder auch neuroendokrine Carcinome, die aber nicht dem GEP-NET-System angehören,
z.B. NET von Gebärmutter (Uterus), Brust (Mamma), Eierstock (Ovar), Prostata, Hoden, Nieren u.a. sind meist eher sog. kleinzellige sehr bösartige Tumoren, die aufgrund des Auftretens in stark hormon-kontrollierten Organen häufig typische NET-Marker aufweisen wie Chromogranin und Synaptophysin und entsprechend positiv sind.

Dies sind typ. onkologische Erkrankungen, die hier überhaupt nicht abgehandelt werden sollen und für die wir als Autoren keine Expertise beanspruchen wollen / können.

Diese Erkrankungen gehören in onkologische Hände !

 

WHO NET-Klassifikation + TNM

wird aktuell 2013 von der WHO noch bzw. wieder überarbeitet

 

Die häufigsten hormon-aktiven GEP-NET

Entope Tumoren:

Die hormon-aktiven Tumoren treten in dem Organ auf, in dem die Hormonproduktion normalerweise auch stattfindet (z.B. Insulin in den B-Zellen der Bauchspeicheldrüse/Pankreas - Insulinom des Pankreas)

Ektope Tumoren:

Die hormon-aktiven Tumoren treten in einem Organ auf, in dem die Hormonproduktion normalerweise nicht stattfindet (z.B. Gastrin des Magens - Gastrinom der Bauchspeicheldrüse)

Dem INSULINOM liegt ein neuroendokriner Tumor des Pankreas zugrunde, der durch Sekretion von INSULIN zu HYPOGLYKÄMIEN führt.

Dies ist ein entoper Tumor, der in dem Organ (Pankreas) entsteht, wo insulin-produzierende B-Zellen vorkommen. Ektopes Auftreten ist so gut wie unbekannt bzw. nicht existent..

Beim INSULINOM liegt eine primäre Hyperinsulinämie vor, die nur gelegentlich 100 µU/ml übersteigt. Sie kann sich in der Hypersekretion von nur wenigen µU/ml (z.B. 5 - 10 mU/l) äußern, was im Falle einer Hypoglykämie bereits zuviel ist. Die physiologische postprandiale Insulinsekretion übersteigt diese Größenordnung täglich mehrmals um ein Vielfaches.

Die sekundäre Hyperinsulinämie (bei Insulinresistenz, z.B. infolge Adipositas, Diabetes mellitus) kann Größenordnungen von einigen Hundert µU/ml (150 - > 400 mU/l) erreichen.

Weitere entope Tumor-Entitäten:

GLUCAGONOM - SOMATOSTATINOM - PPOM (Pankreatisches Polypeptidom).

Beim GLUCAGONOM beträgt die primäre Hyperglucagonämie fast immer einen Bereich > 1000 pg/ml, oft einige Tausend pg/ml.

Die physiologische sekundäre Hyperglucagonämie bei schlecht eingestelltem Diabetes bis hin zur Ketoacidose sowie bei Hypoglykämien beträgt meist nur einige Hundert pg/ml. Extreme Glucagon-Konzentrationen wie beim Glucagonom werden bei schwersten intensiv-medizinischen Krankheitsbildern erreicht, z.B. Sepsis, Leberkoma, Urämie, Myocardinfarkt.

GASTRINOM und VIPOM

treten ektop als Pankreastumoren und entop im Magen-Darm-Trakt auf (Gastrinome im Duodenum) - das Vipom auch gänzlich extraintestinal.

Beim GASTRINOM liegt eine primäre Hypergastrinämie von oft > 1000 pg/ml und deutlich darüber vor.

Sekundäre Hypergastrinämien (z.B. atrophische Typ A Gastritis mit perniziöser Anämie) aber auch die Protonenpumpenhemmer-Therapie mit Omeprazol erreichen selten 1000 pg/ml. Das BOMBESINOM (primäre Hypersekretion von gastrin-releasing peptide / GRP = Bombesin) führt ebenfalls zur sekundären Hypergastrinämie, meist < 1000 pg/ml.

 

Das sog. klassische CARCINOID des Ileums (heute 2013 mit der häufigste NET beim Menschen, insbesondere auch als funktionell aktiver Tumor) - bereits 1888 bzw.1907 unter diesem Namen aufgrund typ. pathohistologischer Befunde beschrieben - ist der am längsten bekannte GEP-NET, der auch extraintestinal z.B. in Lunge oder Thymus auftritt.

In der LUNGE tritt er als typisches (benigne) oder atypisches (semi-maligne) BRONCHIAL-CARCINOID auf (je nach Ki67-Proliferationsrate) .........

...........im Gegensatz zu sehr bösartigen Erkrankungen wie das gross-zellige und klein-zellige neuroendokrine Carcinom der Lunge (LCLC und SCLC), die meist wenig differenziert und hochmaligne sind

Nicht alle klassischen Carcinoide
exprimieren / sezernieren Serotonin, sondern auch andere Neurotransmitter (-Hormone) / Neuropeptide (Histamin, Kallikrein, Bradykinin, Tachykinin, Substance P) oder überhaupt kein sekretorisches Produkt.

Die an sich korrekte Bezeichnung "SEROTONINOM" hat sich nicht allgemein durchgesetzt.

Seltene "Carcinoide" des Pankreas, die histologisch den Inselzell-Tumoren ähnlich sind und dominant Serotonin exprimieren und sezernieren werden als SEROTONINOM bezeichnet.

Beim CARCINOID können Hyperserotoninämie und die Ausscheidung des Metaboliten 5-Hydroxyindol-essigsäure (5-HIES) im Urin deutlich schwanken, aber auch ganz fehlen. Die Serotonin-Konzentrationen schwanken im Plasma auch unter physiologischen Bedingungen erheblich.

Das CALCITONINOM (CToma) ist als GEP-NET beschrieben (z. B. pankreatisches Calcitoninom), jedoch sehr selten. Calcitonin kann von Somatostatinomen und Vipomen ko-produziert werden.

Das klassische CALCITONINOM ist das medulläre Schilddrüsen-Carcinom
(C-Zellcarcinom, MTC)
der thyreoidalen C-Zellen.
Diese eindeutig extraintestinalen nicht-GEP-Zellen zählen zum APUD-System.

Bei anderen GEP-NET - VIPOM, SOMATOSTATINOM, PPOM, NtOM - bestehen z.T. ausgeprägte und oft extreme primäre Hypersekretionen der spezifischen Hormone / Peptide, die den ng/ml oder gar den µg/ml-Bereich erreichen.

Zu Ursachen bzw. Gründen für sekundäre Hypervipämie, Hypersomatostatinämie, HyperPPämie, Hyperneurotensinämie liegen wenige oder gar keine Befunde vor.

Selten bis extrem selten beschriebene neuroendokrine Tumoren (überwiegend des Pankreas):

T U M O R
P e p t i d h o r m o n
T U M O R
P e p t i d h o r m o n
Neurotensinom
- Ntom -
Neurotensin
GIPom
GIP
(gastric inhibitory peptide.....
glucose-dependent insulinotropic polypeptide)
Serotoninom
pankreatisches Carcinoid
Serotonin
ACTHom
Corticotropinom
ACTH
Bombesinom
- GRPom -
Bombesin = GRP
(gastrin releasing peptide)
CRFom
CRF
(corticotropin releasing factor)
Cholecystokininom
- CCKom -
Cholecystokinin (CCK)

GRFom
Somatotropinom

GRF / GHRH
(growth hormone releasing factor)
Parathyrinom
- PTHom -
Parathormon (PTH)
Amylinom
- IAPPom -
Amylin = IAPP
(islet amyloid polypeptide)
Calcitoninom
- Ctom -
Calcitonin (CT)
Enteroglucagonom
- Glicentinom -
Glicentin(1-69)
"Enteroglucagon"

Bombesin und VIP sind ubiquitäre peptiderge Transmitter im GEP-Trakt mit extraintestinalem Vorkommen.
ACTH
und GRF sind typische Peptide von Hypophyse bzw.-Hypothalamus. Sie verursachen endokrinologische Erkrankungen aufgrund extracerebraler Ursache (ektopes Cushing-Syndrom, ektope Akromegalie). Die hier genannten, von neuroendokrinen Zellen gebildeten Peptide sind häufig Basis sog. paraneoplastischer endokriner Syndrome, die bei onkologischen Erkrankungen eine klinische Rolle spielen können.
Am bekanntesten ist die ektope ACTH-Produktion der Lunge beim kleinzelligen Bronchialcarcinom (small cell lung cancer / SCLC) mit Ausprägung eines typ. Cushing-Syndroms.Ektope Calcitonin - und Parathormon - Sekretion (PTH) begründen Störungen des Calciumhaushalts im Rahmen paraneoplastischer Symptome (Hypocalcämie -, Hypercalcämie -Syndrom).
Ein PTH - produzierender Tumor wäre als Parathyrinom (PTHom) zu klassifizieren.
Hier zeigen sich die Grenzen des APUD-Konzeptes, wenn klassische Apudome streng genommen nicht mehr vorliegen.

Bislang noch nicht beschriebene putative neuroendokrine Tumoren des GI-Traktes

Bislang nicht eindeutig im Rahmen von eigenständigen endokrin-aktiven NET sind die Hypersekretion von Motilin ("Motilinom") und Sekretin ("Sekretinom") beschrieben, sowie die Hypersekretion eines Posttranslationsproduktes des Proglucagon : Glucagon-like-peptide-1 / GLP-1, ein verbreitetes enterales Peptidhormon ("GLP-1om").

Kürzlich entdeckte Peptide des GI-Traktes sind das Ghrelin ("Ghrelinom") aus L-Zellen des Magens und sein Antagonist PYY aus endokrinen Zellen des Dünndarms.

T U M O R
P e p t i d h o r m o n
T U M O R
P e p t i d h o r m o n
"Motilinom"
Motilin
"Ghrelinom"
Ghrelin
"Sekretinom"
Sekretin
"PYYom"
Peptid YY (PP-Familie)

Früher wurden diese Tumoren als APUDOME bezeichnet, heute ersetzt durch NET (neuroendokrine Tumoren) oder GEP-NET ( = gastroenteropankeatische NET).

Das Akronym "APUD" steht dabei für "Amin-Precursor Uptake and Decarboxylation" und beschreibt die Fähigkeit dieser Tumoren, biogene Amine aufzunehmen und chemisch zu verändern bzw. zu synthetisieren. -   Das auf Pearse (1967) zurückgehende APUD-Konzept der Tumorigenese diente der Erklärung der entstehungsgeschichtlichen (ontogenen) Gemeinsamkeiten der Tumoren. Aufgrund der unzähligen Ausnahmen wird es aber kaum mehr bemüht. Es verdeutlicht jedoch plausibel die Tatsache, daß neuroendokrine Tumoren grundsätzlich überall auftreten können, wo auch neuroendokrine Zellen auftreten.

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